… nicht auf Dauer,

… nicht für alle,

… nur unter gewissen Bedingungen und Voraussetzungen.

Dauer: die Zeitachse ist ein limitierender Faktor

Die Produktivität im Home-Office aufrecht zu erhalten ist eine große Herausforderung. Für ein paar Tage mag Home-Office eine nette Abwechslung sein, wenn aber das Feedback zu kurz kommt, Eintönigkeit sich einstellt (Reizarmut), oder die Disziplin nachlässt wird’s kritisch.

Unter solchen Umständen müssen Führungskräfte ihre Mitarbeiter wieder ins Unternehmen zurückholen und z.B. schichten lassen (Lösung in Zeiten von Corona).

Alle: nicht jeder kann oder will sich damit arrangieren

Das Büro zuhause haben ist nicht jedermanns Sache. Die Grenzen zwischen geschäftlich und privat verschwimmen, wenn keine klaren Strukturen gelegt werden. Der Grad der Selbstorganisationsfähigkeit entscheidet maßgeblich, wie gut es gelingt Effizienz zu erzeugen und dem Tag eine erforderliche und auch befriedigende Struktur zu verleihen. Disziplin ist also das A und O.

Unsere Umfragen bei Kunden (ohne Anspruch von Repräsentativität) hatten zum Ergebnis, dass die Vorstellung eines dauerhaften Home-Office-Arbeitsplatzes überwiegend abschreckte. Moniert wurden unter anderem dabei der nicht ausreichende Grad an Digitalisierung zumal es mit der Überführung der analogen Welt in die Digitale nicht getan ist.

Bedingungen: Home-Office benötigt Rituale

Die Vorstellung, Home-Office entspräche dem Zuhause-Gefühl mit dem Unterschied, dass man sich geschäftlich betätige, ist ein Irrtum. Der Erfolg liegt nicht in der emotionalen Vermischung von geschäftlich und privat, sondern in der Differenz dieser beiden Gefühle.

Es muss einen Unterschied machen, ob wir privat oder geschäftlich sind.

Dazu benötigt es ein spezifisches Verhalten, das wir hier als Rituale bezeichnen wollen.

Hier eine Auswahl von möglichen Verhaltensmustern (Behavior setting):

[ Separation: räumliche Trennung des Arbeitsumfeldes vom Rest der Wohnung (Problem: mancher Wohnungszuschnitt bzw. -Größe erlaubt dies nicht);

[ Businesskleidung: die innere Haltung ist eine andere, wenn man in Businesskleidung am Computer sitzt, statt z.B. im Schlafanzug/Pyjama;

[ Tätigkeitenmanagement: es hilft ungemein sich Arbeitszeiten und/oder Tätigkeiten zu notieren, um die damit verbundene Leistung als Erfolgserlebnis schwarz auf weiß vor sich zu sehen; evtl. fordert diese auch der Arbeitgeber ein (nichts ist schlimmer als im Rückblick auf den Tag ein unbestimmtes Gefühl zu entwickeln, bei dem man nicht mehr weiß, was eigentlich lief);

[ Pausenplanung: Pausen müssen sein und sollten auch ganz individuell gewählt werden, wenn das Aufgabenspektrum das zulässt. Pausen müssen dabei bewusst als solche gelebt bzw. zelebriert werden. (rein rechtlich, also nach Arbeitsgesetz, stehen jedem bei einer Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden eine Pausenzeit von mindestens 30 Minuten zu; bei mehr als neun Stunden Arbeitszeit müssen mindestens 45 Minuten Pause gemacht werden; vgl. https://www.deutsche-anwaltshotline.de/c/ratgeber/arbeitsrecht/pausen);

[ soziale Kontakte: Anrufe, die der Abstimmung mit Kollegen dienen, wie Anrufe zur Nachfrage der Befindlichkeit von Kollegen/Mitarbeitern hat gewichtige „Hygienefunktion“ für alle Beteiligten (die Wichtigkeit der proaktiven Kontaktpflege steigt mit der Hierarchie/Führungsaufgabe);

Voraussetzungen: Basisbausteine für ein funktionierendes Home-Office

[ technisches Equipment muss passen, d.h.: Telefon und Leistungsfähigkeit des Netzes, Computer und entsprechende Zugänge, Software (incl. Video-Konferenz-Portale), etc.

[ abschließbarer Arbeitsraum und Mobiliar für Ordner zur Gewährleistung des Datenschutzes

[ Arbeitgeber sollten Ihren Mitarbeitern, die im Home-Office an vielen Video-Konferenzen teilnehmen idealerweise Roll-ups mit dem Firmen-CI zur Verfügung stellen (lässt sich gut realisieren und kostet nicht die Welt)

[ die Unfallversicherung des Arbeitgebers existiert auch im Home-Office soweit es sich im Falle eines Falles auch tatsächlich um einen Arbeitsunfall handelt (siehe dazu: https://www.handelsblatt.com/finanzen/steuern-recht/recht/versicherer-welches-versicherungsrisiko-im-homeoffice-lauert/25665260.html?ticket=ST-2407045-ipjfzPoK9T2cbuAxff0x-ap6)

[ zu beachten sind auch die Rahmenbedingungen, die von Seiten des Vermieters bzw. vom Staat gesetzt sind; so schreibt das Internet-Portal „deutsches mietrecht“ u.a. zum häuslichen Arbeitszimmer:

„Wie das Homeoffice oder auch das häusliche Arbeitszimmer eingerichtet ist, ist dem Nutzer beziehungsweise dem Arbeitgeber überlassen, der eine bestimmte Ausstattung voraussetzt, die es dem Arbeitnehmer ermöglicht, die Arbeit in seinem Sinne zu erledigen. Jedoch hat der Mieter einer Wohnung in jedem Fall das Recht, Teile der Ausstattung von der Steuer abzusetzen. Wem im Unternehmen kein dauerhafter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden kann und sich die Tätigkeiten nicht alleine auf das Homeoffice beschränken (Außendienstler oder Lehrer), kann jegliche Kosten, die mit den Tätigkeiten innerhalb des Homeoffices in Verbindung stehen, bis zu einer Höhe von 1.250 Euro pro Jahr steuerlich geltend machen. Diesen Grundfreibetrag gestattet das Finanzamt, jedoch darf beziehungsweise kann dieser Betrag nicht überschritten werden, denn Kosten, die den Freibetrag überschreiten, sind nicht absetzbar. Beim Grundfreibetrag handelt es sich somit um den Höchstbetrag und nicht um einen Pauschalbetrag, so können nur die Kosten geltend gemacht werden, die mit dem Homeoffice in Zusammenhang stehen.

Arbeitnehmer, deren Tätigkeit ausschließlich auf das häusliche Arbeitszimmer und somit auf das Homeoffice beschränkt ist, können angefallene Kosten sogar in unbegrenzter Höhe auf dem Steuerantrag vermerken. Zu den Kosten, die vom Arbeitnehmer absetzbar sind, gehören zum Beispiel die Ausstattung, die Renovierung, die Miete sowie die Strom- oder Wasserkosten. Jegliche Kostenpunkte, die sich nur auf das Arbeitszimmer beschränken, wie die Renovierung oder die Ausstattung, können auf dem Steuerantrag in voller Höhe unter den Werbungskosten aufgeführt werden. Anders verläuft es mit den Kosten für Miete oder Strom, die anteilig berechnet werden. Der Anteil der Fixkosten, der auf die Nutzung des Arbeitszimmers entfällt, ist vorab zu berechnen, denn die anteiligen Kosten berechnen sich nach dem Verhältnis der Fläche des Arbeitszimmers zur gesamten Wohnfläche.“

Quelle: https://deutschesmietrecht.de/steuern/412-homeoffice-mietwohnung.html

Fassen wir zusammen:

Als Führungskraft oder Arbeitgeber sollten Ihnen die Chancen und Restriktionen von Home-Office-Arbeit vertraut sein. Ein „jetzt macht mal“ funktioniert nicht. Home-Office will orchestriert werden. Und es braucht ein Gefühl wer, wie, welchen Umfang an Betreuung benötigt (Vertrauen in die Arbeitsmoral ist von größter Bedeutung, da ansonsten die Kontrollmaßnahmen das Klima ruinieren können). Man kann eben nicht alle über einen Kamm scheren. Der/die eine bewährt sich als jemand der perfekt und messbar abarbeitet (Routinearbeiten) und ein anderer braucht eine Spielwiese ohne großes Reglement, um produktiv zu werden. Letztere sind weniger gut steuerbar und fühlen sich bisweilen wie „freie Radikale“ an; und doch geht es vielfach nicht ohne sie und das Vertrauen in diesen Personenkreis.

Mit den hier näherungsweisen skizzierten Rahmenbedingungen zum Home-Office sollte sich jedes Unternehmen sorgfältig beschäftigen.

Bitte berücksichtigen Sie auch, dass wir ohne den direkten, persönlichen Kontakt dazu neigen Aussagen, Bemerkungen und subjektiv Wahrgenommenes (insbes. bei den unabsichtlichen Pausen in den Video-Konferenzen) anders interpretieren und im Einzelfall falsche Schlüsse ziehen. Kommunikation war und ist eine große Herausforderung; vielleicht im Rahmen des Social Distancing und der räumlichen Trennung zum Arbeitgeber eine ganz besondere.

Vergessen wir auch nicht, dass jede zweite Freundschaft im Unternehmen geschlossen wird, der soziale Faktor, der sich aus dem persönlichen Bezug ergibt, ist folglich durch nichts zu ersetzen. Und es sind exakt diese Freundschaften, die durch zahlreiche Studien belegt, die Verweildauer von Mitarbeitern im Unternehmen mitbestimmen.

Autor: Norbert W. Schätzlein, 22.05.2020

siehe dazu auch: remote work (Arbeit aus der Ferne/Distanz); Remote Worker (ortsunabhängiges Arbeiten als Out-of-Office-Lösung)

Bildquelle: Pixabay, Gerd Altmann, gemeinfrei – vielen herzlichen Dank

am 13.11.2020 ergänzt mit Link zur IHK München:

https://www.ihk-muenchen.de/de/Service/Recht-und-Steuern/Arbeitsrecht/Bestehende-Arbeitsverh%C3%A4ltnisse-K%C3%BCndigung-und-Sozialversicherung/Corona-Virus-Dienstreisen-Arbeitsausfall-Arbeitsschutz/Coronavirus-und-Homeoffice/

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