Gastbeitrag von Dr. Marcus Raitner (hier im Bild oben)

Sie haben das Gerede von Augenhöhe und dienender Führung auch satt? Dann befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Schon der große römische Kaiser Caligula hatte den Wahlspruch „Oderint, dum metuant“ was soviel heißt wie „Sollen sie mich hassen, solange sie mich fürchten.“ Und hat Ludwig XIV. („L’État, c’est moi!“) nicht Großartiges vollbracht ganz ohne Kuschelkurs? Es kann nur einen geben und das sind Sie als Führungskraft und Ihr wichtigstes Machtinstrument ist die Angst. Lesen Sie ruhig weiter, dieser Ausschnitt aus dem Handbuch für den kleinen Konzernautokraten ist genau das richtige für Sie!

Basis Ihrer Macht ist der Informationsvorsprung. Halten Sie Ihre Mitarbeiter möglichst dumm. Geben Sie dieser systematischen Verdummung einen modernen Namen wie Need-to-know. Sorgen Sie für klare Kommunikationswege entlang der Hierarchie und geben Sie nur Informationen weiter, welche die Mitarbeiter unbedingt brauchen. Verstecken und schützen Sie standardmäßig möglichst viel und lassen Sie jeden nur seinen Ausschnitt sehen. Alles andere führt zu Anmaßung, Kompetenzüberschreitung und untergräbt letztlich Ihre Machtposition.

Wer hat Ihnen befohlen zu denken?! Ich gebe Ihnen gar nicht genug Informationen, dass es sich lohnt zu denken. Sie werden nur das tun, was man Ihnen befiehlt!
Aus dem Film „Total Recall“

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Misstrauen Sie Ihren Mitarbeitern grundsätzlich! Gehen Sie davon aus, dass Sie belogen werden. Nutzen Sie darum Ihre Kanäle und Freundschaften, um sich detailliert zu informieren über das was man Ihnen vorenthalten oder jedenfalls beschönigen will. Insbesondere zur Vorbereitung auf wichtige Berichte Ihrer Mitarbeiter.

Nutzen Sie Ihren Informationsvorsprung und demonstrieren Sie Ihre Überlegenheit bei jeder Gelegenheit. Statuieren Sie Exempel! Wenn Ihre Mitarbeiter nicht das berichten, was Sie auf Ihren Kanälen vorab erfahren haben, führen Sie sie öffentlich vor. Machen Sie sie so richtig rund! Nur so werden Sie künftig weniger belogen. Vereinbaren Sie dann mit den verängstigten Mitarbeitern Maßnahmen zur noch intensiveren Kontrolle.

Sollte sich einer dieser respektlosen Millenials erdreisten, Ihnen dieses neumodische 360-Grad-Feedback geben zu wollen, stellen Sie unmissverständlich klar, dass Sie sich nicht sagen lassen, wie Sie arbeiten sollen und ganz sicher Ihren bewährten Führungsstil nicht ändern werden. Wo kämen wir denn da hin! Anschließend nutzen Sie wieder Ihre Macht und Kontakte und diskreditieren Sie den Mitarbeiter an allen Ihnen möglichen Stellen.

Wenn Sie bis hierher mit Genuss und bestätigendem Nicken gelesen haben, muss ich Sie enttäuschen: Dieses satirische Kapitel aus den hoffentlich nicht existierenden Handbuch für den kleinen Konzernautokraten wird hier keine Fortsetzung erfahren. Stattdessen gibt es hier wie immer viel zu lesen über zeitgemäße Führung.

zum Autor:

Hi, ich bin Marcus. Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können (in Anlehnung an ein Zitat des ex CEO von IBM, Louis Gerstner, jr.). Daher begleite ich Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Über die Themen Führung, Digitalisierung, Neue Arbeit, Agilität und vieles mehr schreibe ich seit 2010 in meinem Blog und hier auf personaler.de von meinem Freund Norbert W. Schätzlein, www.siris-systeme.de.

Dieser Blog ist ursprünglich erschienen bei „Führung erfahren„.

Bildquelle zum ovalen Bildausschnitt: Der Schrei von Edvard Munch, gemeinfrei nach Wikipedia

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