Was unterscheidet die asiatische Mentalität von der Europäischen? Die Literatur ist sich hier weitestgehend einig: in asiatischen Ländern steht das Kollektiv, die Gesellschaft über dem Individuum. JFKs berühmtes Zitat: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst“, hätte auch von einem chinesischen Präsidenten kommen können.

Europäern wird spätestens seit der Aufklärung nachgesagt, dass die Potenzialentfaltung des Individuums einen vergleichsweisen hohen Stellenwert genießt: das Individuum darf sich entfalten und ist angehalten, seinen Verstand zu benutzen, sapere aude. Verkürzt gesagt stehen sich hier Kollektivismus und Individualismus gegenüber. Beide gesellschaftlichen Entwürfe haben ihre Berechtigung und ihre Vor- und Nachteile. Ohne hier näher darauf einzugehen, wird es wichtig sein, dass jede Gesellschaft ihre Stärken nutzt und zur größtmöglichen Entfaltung bringt.

Pioniere gehen per Definition neue Wege

Zahlreichen Europäern ist es unter dem Leitstern des Individualismus gelungen, großartige wissenschaftliche und künstlerische Leistungen zu vollbringen, die auf einzelne Personen zurückgehen.

Sobald es dann darum geht die Entdeckungen einzelner in der gesellschaftlichen Breite zu nutzen, erlahmt die Kraft einer den Fortschritt tragenden Gemeinschaft. Von daher wundert nicht, dass Durchbruchsinnovationen made in Germany ihren Siegeszug dort antraten, wo der Geist eines größeren Ganzen, einer ganzen Nation eint und die Plattform bildet für die Umsetzung. Ob wir hier die Erfindung des Fax-Gerätes, des MP3-Players oder des Computers anführen, jeweils erfinden die einen und die anderen wie Japan, China oder die USA machen etwas daraus.

Graf Zeppelin zur Kaiserzeit mag hier eine Ausnahme gewesen sein. Er verdankt seinen Erfolg einer spontanen Spendenaktion der deutschen Bevölkerung nach einem Unfall mit dem Zeppelinprototypen im Jahre 1908 in Echterdingen. Zeppelin war damit der deutsche Pionier des Crowdfunding-Systems, das auch in der heutigen Zeit seine Berechtigung hätte und Deutschland aus dem tiefen Loch des Fehlens disruptiver Innovationen (nicht zuletzt im digitalen Sektor) holen könnte. Verweilen wir noch einen kleinen Augenblick bei diesem schillernden Grafen. Was ist von ihm ausgegangen und heute noch, wenn auch in den verschiedensten Transformationen, vorhanden. Folgende Namen stehen im Dunstkreis seines Wirkens: MTU (Großmotoren), ZF (Antriebssysteme), Dornier (Luft- und Raumfahrt, Wehr- und Systemtechnik) und Maybach (Autobau mit Markenrevival bei Daimler).

Die Zentralbank sowie Wirtschaftsminister mit Geschichtskenntnis, Phantasie und pragmatischem Sachverstand wüssten hiervon und würden deutschlandweit eine solche Innovationskultur fördern.

„Nur zu oft ist der Erfinder der faustische Idealist, der die Welt verbessern möchte, aber an den harten Realitäten scheitert. Will er seine Ideen durchsetzen, muß er sich mit Mächten einlassen, deren Realitätssinn schärfer und ausgeprägter ist. In der heutigen Zeit sind solche Mächte, ohne daß ich damit ein Werturteil aussprechen möchte, vornehmlich Militärs und Manager. […] Nach meiner Erfahrung sind die Chancen des Einzelnen, sich gegen solches Paktieren zu wehren, gering.“

Konrad Zuse, 1910-1995, dt. Erfinder des ersten Computers Z3

Deutschland hat eine Kultur des sich selbst Verwaltens perfektioniert. Alles was es zu reglementieren und zu verbieten gibt, wird in seine Grenzen verwiesen. Bürokratie aber fördert nicht den Wohlstand und ist auch kein lohnendes Exportgut. Wenn es das Ziel Deutschlands ist, dass wir eines Tages alle Beamte sind, dann sind wir aktuell auf dem besten Wege. Aber Hand aufs Herz, kann man davon wirklich leben? Lässt sich davon etwas abbeißen?

Wo liegen die Chancen?

Unternehmen tun sich unglaublich schwer mit kreativen Köpfen. Persönlichkeitsprofile belegen sehr gut, dass kreative Köpfe nicht selten auch stark individualistische Züge tragen. Wenn es dann keine Integrationskultur zum Eintritt dieser Personen ins Unternehmen gibt, werden sie als freie Radikale zuerst missverstanden und dann über die Spüle der Inkompatibilität entsorgt. Da diese Querköpfe dann nicht aufgeben, werden sie selbständig und machen ihr eigenes Ding. Wird dies dann von Erfolg gekrönt, kommen die etablierten Unternehmen wieder daher und kaufen das Geschäftsmodell – jetzt natürlich teuer – ein. Individualität ist zwar unserem Kulturkreis eigen, aber wir wissen nicht wirklich in Unternehmen damit umzugehen.

Irgendwie sind alle anders als ICH

Alle Menschen sind verschieden. Wenn es um Fingerabdrücke geht, wissen wir das ganz genau. Ansonsten scheint es so, als hätte diese Erkenntnis kaum einen Stellenwert in Unternehmen.

Unser Sosein im Kontext der Anforderungen von Unternehmen

Unternehmen arbeiten nicht nur mit einem Individuum, sondern – je nach Unternehmensgröße und Geschäftsmodell – mit einer Vielzahl unterschiedlichster Mitarbeiter. Jedes Unternehmen arbeitet mit seinen Mitarbeitern auf ein Ziel hin. Dabei sollten alle an einem Strang und – ebenso bedeutsam – in die gleiche Richtung ziehen. Dies umso mehr, wenn Abteilungen im Prozessfluss aufeinander angewiesen sind. Was also tun mit Menschen, die höchst unterschiedlich sind? Dürfen wir davon ausgehen, dass jeder automatisch weiß, worauf es ankommt? Wohl eher nicht und so setzen deshalb auch erfolgreiche Unternehmen für ein produktives come together auf Leitlinien (Leitbild und Führungsgrundsätze, etc.), Regelwerke, Arbeitsanweisungen, Verfahrensanweisungen und vieles mehr. In der Funktion dieser Leitblanken liegen die Chancen in einer besseren Koordination und Orientierung und im Potenzial auf Identifikation mit den Unternehmenszielen.

Für alles gibt’s ein Zeitfenster

Auf diese einhegenden Instrumente kann und darf ein Unternehmen nicht verzichten, es sei denn es funktioniert in autoritärer Führungskultur nach par ordre du mufti. Dort, wo wir nicht aufeinander abgestimmt und synchronisiert arbeiten, lebt jeder von uns seine Präferenzen, mögen sie passen oder nicht. Der Konflikt ist vorprogrammiert, weshalb Laissez-faire in den wenigsten Fällen funktioniert. Nachträglich Leitblanken einziehen, ist zwar möglich, führt aber zu Anpassungsanstrengungen, die nicht selten von den betroffenen Menschen als Angriff auf ihr Selbstverständnis gewertet werden. Wer hier nicht mit den geeigneten Integrationsrunden vorgearbeitet hat, muss mit sehr hohen Erwartungen an die Führungskompetenz nachjustieren.

Leitblanken für’s Ego

Lateinisch Ego steht für das Ich und in der Psychologie für das Selbst. Das richtige Maß davon, also nicht zu viel und nicht zu wenig macht die ausbalancierte Persönlichkeit. „Erkenne Dich selbst“ stand einst in der Antike über dem Tempel zum griechischen Delphi. Diese Anregung sich selbst zu reflektieren ist zeitlos aktuell und wird es immer bleiben. Der Weg zur Selbsterkenntnis startet mit dem passenden Instrument.

Wo beginnen bei der Selbstreflexion?

Tools, wie Persönlichkeitsprofile gibt es wie den sprichwörtlichen Sand am Meer. Alle haben ihre Berechtigung doch nur wenige arbeiten multiperspektivisch. Jeder eindimensionale Blick auf den Menschen kann ihm nicht gerecht werden. Jede Persönlichkeit ist facettenreich und einmalig und dem genüge zu leisten, sollte der Anspruch an Persönlichkeitsprofile sein. Dazu braucht es keine klinischen Tests, sondern lediglich verschiedene geschlossene Konzepte, die sich wechselseitig ergänzen und verproben zu Gunsten einer erweiterten, vertieften Erkenntnis. Die Wahl des richtigen Werkzeugs bildet damit den Einstieg in die konstruktiv-erhellende Nabelschau.

Interesse und Freiwilligkeit sind Voraussetzung

Der Einsatz von Persönlichkeitsprofilen leuchtet den Menschen unter anderem nach seinem spezifischen Denken und Wahrnehmen, seinen Präferenzen bei Entscheidungen sowie den Stärken und Schwächen aus. Im Idealfall erhalten wir ein „Ja, so bin ich“ zum Ergebnis unserer Analyse. Machen wir uns bitte die Erkenntnis bewusst, dass hier jeder anders ist. Und in diesem Anderssein hält sich jeder für den Nabel der Welt. Wir blicken nun mal nur aus unseren Augen auf die Welt und bewerten und beurteilen unser Lebensumfeld nach dem Portfolio von uns eigenen Denk- und Wahrnehmungsweisen. Was außerhalb unseres Horizonts liegt, dafür können wir Respekt und Wertschätzung zeigen und im Idealfall die Ergänzung finden. Gleich und gleich gesellt sich gerne, aber Unterschiede ziehen sich auch an.

Fazit:

Die Kraft toolgestützter Integrationsrunden/-Seminare sollte kein Entscheider unterschätzen. Das Fitting, also die Passung zwischen Person und Organisation muss passen. So wie besonders Kreative Freiheitsgrade zu schätzen wissen, benötigen diszipliniert-organisierte die Struktur.

Kontakt zum Blog-Autor Norbert W. Schätzlein: schaetzlein@siris-systeme.de

Bildnachweis ohne Begriffe darüber: Pixabay (von Sophie Janotta)

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