dreifarbig-Gläser-2016

Eine Tür weiter, im Büro meiner Kollegin stehen zwei Gläser auf dem Schreibtisch. Das eine ist rot und das zweite Glas grün und zwar vom Inhalt her.

Auf Nachfrage weiß ich jetzt: Rot ist das Ergebnis der Kombination aus Brot- und Rote Beete Saft. Weizengras mit Spirulina gibt den grünen Trunk. Ob das schmeckt, weiß ich nicht, aber es steht jedem frei diese Komposition, die einer chemischen Versuchsanordnung gleicht, mit wenig Aufwand selbst nachzubauen. Die Farben scheinen dabei nicht von ungefähr zu sein, denn wo Energie drin steckt, sind wohl dem Vernehmen nach immer auch die Farben Rot und Grün mit im Spiel.

Meiner Kollegin zuzuhören, wenn sie von ihren Ess- und Trinkgewohnheiten spricht, zeigt mir, dass ich komplett in der unbewussten Inkompetenz bin; ich weiß gar nicht, was ich alles nicht weiß.

Ein Wunder, dass ich über Fünfzig geworden bin. Wo hab ich wohl alles Handlungsbedarf, wenn es um Ernährungsfragen geht? Und wo kann ich mir den ein oder anderen Arztbesuch ersparen, wenn ich mehr Transparenz hätte? Die Frage mag sich vielleicht der ein oder andere Mitarbeiter eines Unternehmens eher nicht stellen, denn hier ist Krankheit kein Beinbuch. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist für Angestellte selbstverständlich. Selbständige haben zu krankheitsbedingten Fehlzeiten hingegen einen ganz anderen Bezug; Krankheit heißt hier Verdienstausfall. Gesundheit, also die Abwesenheit von Krankheit, ist für die Gesundheitsbranche der Horror, denn man kann mit Gesunden kein Geld verdienen. Von daher hält sich das Vertrauen in die Aussagen der Medizinbranche in engen Grenzen. Kranksein erzeugt Wertschöpfung und unterstützt die Forderung von Frau Merkel nach mehr Wachstum. Das mag ironisch klingen, ist aber völlig logisch und systembedingt.

Heute Abend steht bei mir noch Einkaufen auf dem Programm. Das ist insofern eine Herausforderung, als der gefüllte Warenkorb am Ende durch den Besuch dreier Geschäfte zustande kommt. Am Anfang steht ein Biokostgeschäft, dann kommt ein gehobener Lebensmittelhandel und am Ende meiner Nachhausefahrt und Einkaufstour steht ein Discounter. Bei letzterem gehen mir immer politische Gedanken durch den Kopf, weil ich so gerne mehr Netto vom Brutto hätte. Aber das kann man sich ja bekanntlich abschminken. Das Hamsterrad ist Teil der Gesundheitsfitness, wenn es nach unseren Politikdarstellern geht.

Auf meinem Einkaufsbummel schaue ich mir in den drei Geschäften immer die Menschen an, die dort einkaufen und was die so in ihre Einkaufskörbe legen. Das ist super spannend. Im Biogeschäft schauen die Leute immer so ernst, aber das kann auch daran liegen, dass der Blick auf den Preis Wirkung auf die Gesichtsmuskulatur ausübt. Im gehobenen Lebensmittelhandel, also im zweiten Etappenziel, sind die Leute überwiegend im Pensionsalter. Ich bin dann oft der Jüngste. Wie ich das zu interpretieren habe, weiß ich noch nicht; aber ich komm schon noch dahinter. Und dann im Discounter. Interessanterweise findet sich dort einiges, was man Essen kann, ohne gleich an die Dialyse zu kommen oder Diabetes zu bekommen. Selektives Shopping ist dort halt angesagt. Das Warten an der Kasse hat dann wieder seinen besonderen Reiz. Vor und hinter meiner Bandauflage finden sich überwiegend Convenience-Produkte und Fertiggerichte. Mein Verstand sagt mir, dass da überall Zucker drin ist, sogar die Fertigpizza aus dem Spezialofen, wie die Werbung suggeriert, kommt nicht ohne den süßen Zusatz aus. Manchmal möchte ich die Leute um mich herum ansprechen, wie es ihnen so gesundheitlich geht in ihren XXXL-Klamotten? Aber das verkneif ich mir dann doch und schäkere – wie immer – mit der Kassiererin, die das ganze Treiben wohl auch nicht so ernst nimmt. Tja, und wenn ich mal wieder einen ganz besonderen Gesichtsausdruck sehen will, dann frage ich das neue unbedarfte Gesicht an der Kasse, ob man hier auch Anschreiben könne?

Das mag jetzt vielleicht nicht für alle witzig klingen, aber die Statements in Verbindung mit Gesichtsentgleisungen haben schon irgendwie Amüsement-Charakter.

Soweit aus dem Alltag eines Neigschmeckten in der Bodenseeregion. Und bitte nicht vergessen: zu Risiken und Nebenwirkungen dieses Blogs, fragen Sie bitte Ihren …; na, Sie wissen schon.

Schöne Grüße und viel Spaß beim gesunden Leben im und außerhalb der Tretmühlen dieser Welt.

Norbert W. Schätzlein, Feb. 2016

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