Gastbeitrag von Dieter Myrzik

Im letzten Jahrzehnt hat die Teilnahme von Mitarbeitenden an Weiterbildungen weiter zugenommen (Quelle: IAB). Der Begriff des „Lebenslangen Lernens“ ist dabei inzwischen zu einem Schlüsselwort geworden. Nicht zuletzt deshalb, da zunehmend Unternehmen erkennen, dass das daraus resultierende Wissen eine wesentliche Voraussetzung für Wachstum,  Innovation und Wettbewerbsvorteile darstellt.

Eine weitere Argumentation ergibt sich aus zunehmend kürzerer Halbwertszeit von Wissen, d.h. der Wert von erworbenem Wissen wird immer kürzer. Empirische Studien machen immer wieder deutlich, dass berufliches Fachwissen spätestens nach zehn Jahren die Hälfte seiner aktuellen Bedeutung verliert. Technologisches Wissen verfällt noch wesentlich schneller und IT-Wissen besitzt zurzeit nur noch eine Halbwertzeit von weniger als zwei Jahren. Dies sind zweifellos dramtische Werte, die aber auch deutlich machen, dass Fort- und Weiterbildung eine wichtige Größe zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeitenden und damit zur Entwicklung von Unternehmen darstellen.

Hinsichtlich der Ermittlung von  Weiterbildungsbedarf greifen Unternehmen vorwiegend auf erprobte Instrumente wie Personalbeurteilung, Zielvereinbarung, Bildungsbedarfsanalysen etc. zurück. Dies führt in der Folge zu Vereinbarungen mit Mitarbeitenden, welche Maßnahmen besucht werden sollen.

Anders bei der beruflichen Fortbildung, die auf dem erlernten Beruf aufbauend Qualifizierungen anbietet. Hier geht oftmals  die Initiative direkt vom Mitarbeitenden aus. Interessant ist dabei, dass speziell bei Prüfungslehrgängen, die zu einem höheren beruflichen Abschluss führen, nur zum Teil die Vorgesetzten über die Teilnahme an der Fortbildung informiert sind. Noch deutlich geringer ist der Anteil der Führungskräfte, die sich regelmäßig und systematisch mit dem Teilnehmenden zu Inhalten der Fortbildung auseinandersetzen. Statt dessen lässt man häufig den Mitarbeitenden die Fortbildung absolvieren, mit dem Ergebnis, dass ein nicht unerheblicher Teil nach dem Abschluss die Stelle und das Unternehmen wechseln. Worin ist das mangelnde Engagement der Unternehmen an der Fortbildungsteilnahme ihrer Mitarbeitenden begründet? Sind es Unerfahrenheit im Umgang mit sich fortbildenden Mitarbeitenden, Angst dass diese zu einer Bedrohung der Führungskraft wird, fehlende Zeit oder schichtweg Desinteresse?

Viel wichtiger ist aber die Frage, wie sich eine Führungskraft engagieren könnte. Die Antwort ist nicht schwierig, wie nachfolgende Empfehlung zeigen soll.

  1. Grundsätzlich beginnt die Beteiligung des Vorgesetzten bereits bei der Fortbildungsentscheidung. Idealerweise sollte der Vorgesetzte bzw. die Personalabteilung den fortbildungsinteressierten Mitarbeitenden hinsichtlich Möglichkeiten, Sinnhaftigkeit und Wertigkeit der Fortbildungsalternativen beraten. So kann eine ausgewogene Balance zwischen Mitarbeiter- und Unternehmensinteressen erreicht werden. Gleichzeitig gilt es, die mittel- und langfristigen Entwicklungsziele des Mitarbeitenden zu erkennen und diese hinsichtlich der unternehmerischen Möglichkeiten zu diskutieren.
  2. Im nächsten Schritt geht es um die Frage der Fortbildungsfinanzierung. Engagiert sich das Unternehmen finanziell, durch zeitliche Freistellung und/oder durch eine andere Form materieller Beteiligung? Wie erfolgt die Unterstützung, parallel zur Maßnahme oder nach erfolgreichem Abschluss, als Festzusage oder darlehenshalber? In manchen Fällen ist auch schon ein finanzieller Zuschuss angemessen, zeigt er doch, dass sich das Unternehmen zumindest beteiligt und den Mitarbeitenden unterstützen möchte.
  3. Ein wichtiger Punkt ist die Rolle des Vorgesetzten während der Fortbildung. Idealerweise sollten regelmäßige Gespräche mit dem sich fortbildenden Mitarbeitenden stattfinden. Themen sind einerseits die Fortschritte des Mitarbeitenden, andererseits aber das erworbene Wissen und Erkenntnisse aus der Fortbildung, die möglicherweise für das Unternehmen interessant sein könnten. Darüber sollte regelmäßig gesprochen und der Mitarbeiter aufgefordert werden, sich gezielt Gedanken zu machen, welche Erkenntnisse, wie umgesetzt werden können. Neue Entwicklungen und Erkenntnisse können so bewusst gemacht und umgesetzt werden. Damit wird Fortbildung zu einem einfachen aber wirkungsvollen Organisationsentwicklungsinstrument, von dem alle Beteiligten profitieren. Für den sich fortbildenden Mitarbeiter entsteht damit neben der Entwicklung seiner Kompetenzen ein zunehmendes Maß an Motivation.
  4. Bei Fortbildungen, die mit einer Abschlussarbeit enden, ergibt sich die Chance, frühzeitig mit dem Mitarbeitenden über interessante und für das Unternehmen wirtschaftlich sinnvolle Projekte ins Gespräch zu kommen. Im besten Fall bearbeitet der Mitarbeitende ein für das Unternehmen wichtiges Veränderungsprojekt und liefert mit seiner Abschlussarbeit eine umsetzungsfähige Handlungsempfehlung. Solche Engagements fördern die Motivation und die Produktivität beim Teilnehmenden und sind ein wesentlicher Beitrag zum internen Personalmarketing.

Zusammengefasst wird deutlich, dass Führungskräfte bzw. Unternehmen, die eine aktive Beteiligung an der Mitarbeiterfortbildung praktizieren, erhebliche Vorteile haben. Dies sind einerseits die aktive Nutzung des erworbenen Fortbildungswissens für das Unternehmen. Andererseits aber auch die Generierung von Motivation und Identifikation des sich fortbildenden Mitarbeitenden und in der Folge auch die Chance einer höheren Mitarbeiterbindung.

Autor: Dieter Myrzik (*1958)

M.A., Lehrbeauftragter für Management, Personal, Organisation und Marketing. Er hat langjährige jährige Berufserfahrung in Industrie, Handel und Dienstleistung und war 20 Jahre als Personalleiter in einem internationalen Unternehmen tätig.

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